für meine Kinder  
   
     
   
   
 
 
 
 
         
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Von: Kellermann-Körber
An: Familiengericht Böblingen

In Sachen
Alteck/Alteck

beantragen wir namens der Antragsgegnerin:

1. Der Antragsgegnerin wird Prozeßkostenhilfe bewilligt, ihr wird die unterzeichnende Rechtsanwältin beigeordnet.

2. Die elterliche Sorge für die drei ehelichen Kinder der Parteien,
Anna, geb. 1.11.1984,
Maria, geb. 14. 3.1986,
Yvonne, geb. 12. 4.1988,
wird auf die Antragsgegnerin übertragen.

Begründung:

1) Die Antragsgegnerin ist aufgrund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage, die Kosten dieses Verfahrens selbst zu tragen. Dies ergibt beiliegende Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse.

2) Zunächst soll auf die Ausführungen des Antragstellers im einzelnen eingegangen werden:

Richtig ist, dass das Verhältnis der Antragsgegnerin zu den Eltern des Antragstellers seit jeher problematisch war. Die Antragsgegnerin hatte immer den Eindruck, dass die Eltern diese Beziehung zwischen ihr und ihrem Ehemann nicht wünschten und intrigierten. Bedrohlich empfand die Antragsgegnerin die Eltern des Antragstellers daher nich in bezug auf ihre Ehe. Das gespannte und schwierige Verhältnis beruhte nicht zuletzt auch auf den Erzählungen des Antragstellers [...].

Richtig ist, dass die Antragsgegnerin erstmals im Sommer 1990 zum Ausdruck bringen konnte, dass sie nicht mehr bereit sei, die eheliche Lebensgemeinschaft auf der bisherigen Basis fortzusetzen. Über die Jahre hinweg handelte es sich um einen schleichenden Prozeß, der wohl dazu führte, dass sich die Parteien nicht mehr verstanden, dass auch die empfundenen Belastungen der Antragsgegnerin zunahmen, ohne dass die Antragsgegnerin aber konkret sagen konnte, worauf diese Belastungen beruhten. Der Urlaub im Sommer 1990 war bereits sehr problematisch. Das Verhältnis zwischen den Parteien war sehr kühl. Nach dem Urlaub kam es dann zu einem Gespräch zwischen den Parteien, im Rahmen dessen die Antragsgegnerin dem Antragsteller erklärte, dass sie auf dieser Basis nicht weitermachen wolle.

Richtig ist, dass die Parteien dann zu Beginn des Jahres 1991 eine gemeinsame Beratung beim Caritas-Verband in Böblingen mit der Eheberaterin Bartel-Hampf durchführten. Während dieser Beratung brachte der Antragsteller mehrfach zum Ausdruck, dass er eine andere Frau namens Petra liebe, und dass er auch die Beziehung aufrecht erhalten wolle. Dies veranlaßte die Antragsgegnerin dann, den Antragsteller zu bitten, nicht mit ihr und den Kindern zusammen in Urlaub zu fahren. Tags darauf stornierte der Antragsteller bei seinem Arbeitgeber seinen Urlaub.

Am Sonntag vor Buß- und Bettag 1991 kamen die Parteien überein, dass der Antragsteller die eheliche Wohnung verlassen sollte. Damals war noch nicht bekannt, wann der Antragsteller letztendlich ausziehen konnte und insbesondere, wann er eine andere Wohnung finden würde.

Tags darauf, am Montag, 18.11.1991, hatte die Antragsgegnerin geplant, einen Termin in Tübingen wahrzunehmen. Diese Termine nahm die Antragsgegnerin regelmäßig wöchentlich montags wahr. Während der Zeit wurden die Kinder vom Antragsteller beaufsichtigt. Als die Antragsgegnerin die Wohnung verlassen wollte, bat sie Anna unter Tränen [soll wohl heißen: bat Anna sie unter Tränen], sie möge zu Hause bleiben, sie wolle nicht mit dem Vater alleine sein. Sie habe Angst vor dem Vater.

Die Antragsgegnerin nahm diese Äußerung ernst und blieb zu Hause. Anna wollte dann mit der Mutter in ihrem Zimmer alleine sein. Sie legte sich auf ihr Bett, die Antragsgegnerin setzte sich neben sie. Anna äußerte wörtlich etwa folgendes:

"Ich hatte auch schon Streit mit dem Papa. Das fing an, als Du zur Kur warst."

Die Antragsgegnerin fragte dann, ob Anna Unfug gemacht habe und der Papa deshalb mit ihr geschimpft habe. Anna äußerte:

"Nein, der ist einfach gekommen. Mama, er hat's dreimal getan, einmal am Abend und zweimal am Tage. Er hat es immer dann getan, wenn Du nicht da warst, dass Du es nicht mitbekommst."

Die Antragsgegnerin versuchte dann durch Fragen weitere Einzelheiten zu erfahren, jedoch ohne Erfolg. Anna äußerte nur noch, dass der Vater zu ihr so komische Worte gesagt habe, die sie gar nicht alle kenne.

Die Antragsgegnerin setzte sich daraufhin mit der Eheberaterin in Verbindung. Frau Bartel-Hampf gab ihr die Adresse einer Beratungsstelle in Stuttgart. Dort nahm die Antragsgegnerin inzwischen mit den Kindern mehrere Termine wahr. Anna hat sich bisher auch bei der dortigen Therapeutin nicht weiter geäußert. Es ist aber damit zu rechnen, dass die Therapeutin durch die Gespräche das tatsächliche Geschehen von Anna erfährt. Wichtig ist, dass Anna nicht zusätzlich durch äußere Einflüsse belastet oder gar eingeschüchtert wird.

Anna ist Bettnässerin. Auch dies deutet darauf hin, dass Probleme - gleich welcher Art - im Umgang der Tochter mit dem Vater vorliegen.

Es ist unrichtig, dass die Antragsgegnerin den Kontakt zwischen Vater und Kindern unterbindet. Tatsache ist, dass die Antragsgegnerin bereit war den Kontakt herbeizuführen, allerdings entweder in ihrem Beisein oder im Beisein einer dritten Person, z.B. durch das betreute Besuchsrecht, das vom Kinderschutzbund in Böblingen angeboten wird.

Seitens der Therapeutin wurde allerdings angeregt, dass in den nächsten Wochen ein Umgangsrecht zwischen den Kindern und dem Vater der Therapie nicht förderlich wäre. Für die Kinder, insbesondere für Anna ist es sehr wichtig, über die Geschehnisse zu reden. Sie erleichtert damit ihr Gewissen und kommt psychisch zur Ruhe. Wenn sich Anna nicht äußern kann - gleich in welcher Form - wird sie dadurch weiter belastet sein und möglicherweise schwere seelische Schäden davontragen. Es sei ausdrücklich bemerkt, dass die Antragsgegnerin insbesondere im Interesse der Kinder noch immer die Hoffnung hat, dass die Angaben von Anna gegenüber der Therapeutin und das von Anna erlebte, keine schweren Missbrauchserfahrungen sind.

Nachdem sich der Antragsteller vor Weihnachten bei der Antragsgegnerin gemeldet hatte und den Umgang mit den Kindern wünschte, fand ein gemeinsames Gespräch der Parteien bei Herrn Eckardt, von der Beratungsstelle KOBRA in Stuttgart statt. Bei diesem Gespräch konfrontierte die Antragsgegnerin sowie der Therapeut den Antragsteller erstmals mit dem Verdacht eines sexuellen Missbrauchs der Kinder. Der Antragsteller wurde eindringlich auch vom Therapeuten gebeten, die Therapie nicht zu beeinträchtigen und den Kontakt zu den Kindern für einige Zeit zu vermeiden und auf das Recht zum Umgang mit den Kindern zu verzichten. Dem Antragsteller wurde auch angeboten, dass Gespräche mit ihm geführt werden könnten, was dieser aber ablehnte. Das Gespräch endete so, dass der Antragsteller ankündigte, gerichtliche Schritte in den Weg zu leiten.

Die Antragsgegnerin ist eine völlig normale und psychisch gesunde Frau. Sie hat weder Wahnvorstellungen noch ein gespaltenes Bewußtsein.

B e w e i s: Zeugnis der Frau Bartel-Hampf

Zeugnis des Herrn Eckardt

Anna leidet nicht erst seit dem 14. Lebensmonat sondern bereits seit dem 6. Lebensmonat an einer Neurodermitis. Es handelt sich hier um eine Allergie, die bei Kindern immer häufiger vorkommt. Sachverständige bringen heute sogar bereits zum Ausdruck, dass kein Kind mehr ohne allergische Reaktionen lebt.

Es ist sehr erfreulich, dass auch der Antragsteller die schwierige seelische Situation des Kindes erkennt. Um so unverständlicher ist es, dass er in dieser seelischen Situation dem Kind keine Ruhe gönnt sondern gerichtliche Anträge einreicht, die zwangsläufig dazu führen müssen, dass Anna einem kinderpsychologischen Gutachten zugeführt wird.

Die Antragsgegnerin macht hiermit ausdrücklich nochmals den Vorschlag, dass in aller Ruhe weitere Gespräche bei KOBRA in Stuttgart stattfinden können, er in dieser Zeit auf ein Umgangsrecht mit den Kindern verzichtet und nach Abschluß der Gespräche versucht wird, eine einverständliche Regelung der Kontakte zwischen Vater und Töchtern herbeizuführen.

Mitte Dezember 1991 mußte Yvonne, die jüngste Tochter, ins Krankenhaus eingeliefert werden. Das Kind litt an einem schweren Brechdurchfall und trocknete vollständig aus, so dass es an den Tropf mußte. Yvonne wurde in die Kinderklinik nach Böblingen eingeliefert. Auch dort bemerkten die Ärzte, dass das Kind psychisch sehr stark belastet sein mußte. Die Antragsgegnerin sprach mit den Ärzten und erzählte auch die Vorfälle, die ihr Anna geschildert hatte. Sie erzählte auch, dass sie mit den Kindern Gespräche bei KOBRA führe. Der Antragsgegnerin wurde seitens der Ärzte Hilfe durch einen Kindergynäkologen angeboten, der zur Zeit in Böblingen tätig sei.

Yvonne stabilisierte sich wieder etwas, als die Mutter im Krankenhaus in ihrem Bett lag und begann, ihr Märchen zu erzählen. Am selben Tag erschien abends der Antragsteller, um Yvonne zu besuchen. Yvonne fiel wieder vollständig in sich zusammen. Der Antragsteller begann Yvonne vorzulesen. Nach etwa 15 Minuten bat Yvonne den Vater, er möge weggehen. Tags darauf erschien der Antragsteller morgens bereits wieder im Krankenhaus, und zwar bewvor die Antragsgegnerin gefrühstückt hatte. Sie bat den Antragsteller wegzugehen, woraufhin dieser sie als geistesgestört bezeichnete und im Zimmer des Kindes blieb. Es kam dann noch zu einem Gespräch des Antragstellers mit den Ärzten, woraufhin diese sich entschlossen, das Jugendamt zu informieren.

Es ist nicht richtig, une es wäre eigentlich gar nicht so furchtbar, wenn Anna rufen würde: "Mama, Du bist blöd." Leider ruft sie: "Mama, ich bin blöd." Sowohl derartige Äußerungen als auch diese destruktiven Verhaltensweisen deuten leider darauf hin, dass Anna Missbrauchserfahrungen hatte.

Unrichtig ist auch, dass die Antragsgegnerin nach dem Weggang des Antragstellers sämtliche Schlösser ausgebaut oder zusätzliche Schlösser angebracht habe. Die Antragsgegnerin wechselte das Türschloß aus, weil der Antragsteller nicht bereit war, ihr den Wohnungsschlüssel zu geben. Die übrigen Schlösser in der Wohnung waren aber vom Antragsteller bereits im Sommer 1991 angebracht worden. Damals wunderte sich die Antragsgegnerin, weshalb der Antragsteller dies tat. Sie erhielt aber keine plausible Erklärung.

Unrichtig ist auch, dass Anna im vergangenen Monat wegen einer Blutvergiftung im Krankenhaus war. Tatsache ist, dass Anna sich abends eine Warze aufgekrazt hatte, woraufhin sich eine Rötung am Arm ergab. Die Antragsgegnerin suchte die Ambulanz im Krankenhaus auf, erhielt Antibiotika und konnte die Tochter mit nach Hause nehmen.

3) Nachdem sich der Antragsteller sowohl persönlich, als auch schriftlich mit den Kindergärtnerinnen in Verbindung gesetzt hatte, baten diese die Antragsgegnerin, die Kinder vorläufig nicht mehr in den Kindergarten zu bringen. Sie äußerten, dass sie die Sicherheit der Kinder nicht mehr gewährleisten könnten.

Die Kindergärtnerinnen sehen sich erst dann wieder in der Lage die Kinder aufzunehmen, wenn eine klare gerichtliche Regelung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht vorliegt und sie gegenüber dem Vater berechtigterweise die Herausgabe der Kinder verweigern können.

gez. Dr. Kellermann-Körber
Rechtsanwältin
3. Februar 1992




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