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Jugendamt Böblingen/Sindelfingen






Ergänzungsbericht

Das Kreisjugendamt Böblingen sieht sich zum Wohl der Kinder Anna, Maria und Yvonne veranlaßt, einen Ergänzungsbericht abzugeben. Hierbei handelt es sich um das Ergebnis einer Teamsitzung (Mitarbeiterinnen des Kreisjugendamts Böblingen) vom 26.11.1992.

Das Kreisjugendamt Böblingen hält es für dringend erforderlich, zu einem Ergebnis der Elterngutachten vom September zu kommen, deren Anforderung vom Familiengericht Ende August beschlossen wurde. Zu beiden Elternteilen besteht von Seiten des Kreisjugendamts seit Herbst folgendermaßen Kontakt:

Herr Alteck teilte uns in einem Brief vom 12.9.1992 nochmals seine Besorgnis und Ängste das Wohl Annas, Marias und Yvonnes betreffend mit. Insgesamt legte er ausführlich sein Unverständnis klar im Hinblick auf das bisherige Handeln des Kreisjugendamts.

In einem Gespräch mit der Bereichsleiterin Frau Teuber wurde der Inhalt des Briefes nochmals thematisiert.

Kurze Zeit darauf wollte Herr Alteck mit einer Kur beginnen, die laut Angaben Frau Altecks, Anfang Dezember beendet wurde. Während des Kuraufenthalts fanden zwischen Vater und Kindern einmal wöchentlich betreute Besuchskontakte im Kinderschutzbund statt. Diese wurden und werden von Herrn Alteck bisher regelmäßig wahrgenommen.

Sonstige Kontakte bzw. Gespräche zwischen Herrn Alteck und dem Kreisjugendamt fanden seit Herbst nicht statt. Die bis September von Seiten Herrn Altecks regen Kontaktaufnahmen zum Kreisjugendamt bestehen nicht mehr.

Mit Frau Alteck kam es zu mehreren persönlichen Gesprächen und Telefonaten. Der Hauptinhalt bezog sich auf gesundheitliche Aspekte der Kinder sowie auf die Reaktionen der Kinder nach den jeweiligen Besuchskontakten mit Herrn Alteck. Frau Alteck berichtete, dass die Kinder vermehrt einnässen, Anna zeitweise auch im Genitalbereich sowie im Analbereich an einem nicht verheilenden Riß leiden würde. Da Anna sich vehement gegenüber Frau Alteck geweigert habe eine Gynäkologin zu konsultieren, habe Frau Alteck hiervon bisher Abstand genommen. Da die physische und psychische Belastung Anna jedoch immer stärker beeinträchtigen, würde Anna nun selbst mit einer Untersuchung einverstanden sein.

Die Kinder würden ihr gegenüber immer wieder Ängste einer möglichen Entführung verbalisieren. Desweiteren berichtete Frau Alteck von zeitweiligen Reaktionen der Kinder wie beispielsweise Fieber, Durchfall, Magenkrämpfen vor dem jeweiligen Kontakttag. Mit dem Kinderschutzbund sei vereinbart, dass Anna, Maria und Yvonne ein Nicht-Treffen-Wollen des Vaters an dem entsprechenden Tag gegenüber der Betreuungsperson des Kinderschutzbundes verbalisieren sollten. Frau Alteck berichtete, dass den Kindern dies bewußt sei und sie sich daran halten würden.

Mitte November stellte Frau Alteck dem Kreisjugendamt von den Kindern gemalte Bilder zur Verfügung, die stark bedrohliche Inhalte verdeutlichen.

Vor allem in Annas Bildern erscheint immer wieder ein 'Gespenst' in Form eines Phallus, das eine große Macht zu haben scheint. Anna selbst malt sich klein und scheinbar hilflos. Yvonne malt sich meist 'armlos'.

Marias Bilder scheinen ebenfalls angstbesetzt zu sein. Auch bei ihr gibt es ein Gespenst, das übermächtig im Raum schwebt und die Situation zu beherrschen scheint.

Eine weitere Gesamteinschätzung der Bilder sowie deren psychologische Auswertung sollte unseres Erachtens dringend in einem Gutachten erfolgen, z.B. von Seiten der Kinder- und Jugendpsychiatrie Tübingen.

Es kann jedoch festgehalten werden, dass die Bilder auf die mit der Angelegenheit der Familie Alteck betrauten Mitarbeiter des Jugendamts deutliche Eindrücke von angstbesetzten Situationen vermitteln.

Welche Ursachen die Reaktionen der Kinder in den vergangenen Monaten auch haben - es wird deutlich, dass sich Anna, Maria und Yvonne in massiven Konflikten befinden. Aufgrund der äußerst belastenden Gesamtsituation wurden unsererseits mit den Kindern seit Herbst keine Einzelgespräche geführt. Die Kinder konnten während eines Hausbesuchs Mitte November erlebt werden. Dabei verhielt sich Maria sehr distanziert und zurückhaltend. Yvonne wirkte ebenfalls sehr verschlossen, wobei sie nach und nach begann, von ihrer Katze zu erzählen. Annas Verhalten ist weiterhin geprägt von einer Überagitation und starken Distanzlosigkeit. Alle drei Kinder wirken äußerst angespannt, wobei Anna diese Spannung als einzige auch tatsächlich auszuleben scheint.

Anna, Maria und Yvonne scheinen sich bei ihrer Mutter wohl zu fühlen und scheinen von ihr die notwendige emotionale Geborgenheit und Sicherheit zu erhalten.

Nicht ausgegrenzt werden darf unseres Erachtens jedoch die Tatsache, dass Frau Alteck ihre derzeitige Situation mit Angst und Stress besetzt erlebt. Dies kann nicht zuletzt darauf zurückgeführt werden, dass eine Klärung des Sorgerechts aufgrund des fehlenden Gutachtens noch nicht erfolgt ist. Hinzu kommen die wöchentlich stattfindenden Besuchskontakte der Kinder mit ihrem Vater und der damit verbundenen psychosomatischen Reaktionen der Kinder. Desweiteren verbalisiert Frau Alteck Ängste einer möglichen Entführung der Kinder durch Herrn Alteck, die sie von Aussagen der Kinder herleitete sowie der Ereignisse im Sommer dieses Jahres.

Unabhängig davon, welcher Anteil der derzeitigen Situation welchem Elternteil zugeschrieben werden kann, ist ein baldiges Ergebnis des Erwachsenengutachtens dringend erforderlich. Die Kinder scheinen die Regelung des derzeitigen Umgangsrechts als äußerst belastend zu erleben. Eine baldige Klärung der Sorgerechtsfrage ist angezeigt, um im Anschluß daran einen Aufbau für einen angstfreien Umgang zwischen dem nichtsorgeberechtigten Elternteil und den Kindern zu entwickeln.

Desweiteren wird aus den oben geschilderten Reaktionen der Kinder festgehalten, dass ein dringendes Therapiebedürfnis vorliegt. Die psychosomatischen Reaktionen der Kinder sind Ausdruck der Hilflosigkeit und der Überforderung mit der Gesamtsituation. Diesem Bedürfnis der Kinder nach Hilfe kann jedoch nur entsprochen werden, nachdem die Frage des Sorgerechts geklärt ist. Ohne ein entsprechendes Gutachten und einem Beschuß des Familiengerichts sind die Perspektiven der Kinder unklar.

Das Kreisjugendamt Böblingen hält es für dringend erforderlich ein kinderpsychologisches Gutachten zu erstellen, dass die Frage des Verdachts des sexuellen Missbrauchs der Kinder durch den Vater oder einer anderen Person zum Inhalt hat.

Bisher wurde unsererseits die Ansicht vertreten, dass ein Gutachten eine zusätzliche Belastung für Anna, Maria und Yvonne darstellen könnte. Da die gesamte Problematik derzeit auf der Kinderebene ausgelebt wird, hält das Kreisjugendamt Böblingen es für notwendig, ein Gesamtgefüge zu entwickeln, in dem die physische und psychische Sicherheit von Anna, Maria und Yvonne gewährleistet werden kann. Eine Abklärung dieses erforderlichen Rahmens durch ein kinderpsychologisches Gutachten ist zum Wohl der Kinder unabdingbar.

Eine angstfreie und gesicherte Zukunft scheint uns nur durch eine Kombination von Erwachsenengutachten, Kindergutachten, Entscheidung des Familiengerichts und begleitende Betreuung durch das Jugendamt erreichbar. Nur in diesem Gefüge kann dem Wohl der Kinder entsprochen werden.

Auf der Elternebene sollten Gespräche erfolgen, die die von Seiten beider Elternteile geäußerten Verdachtsmomente zum Inhalt haben. Es erscheint uns wichtig festzuhalten, dass Herr Alteck nicht das Umfeld (Jugendamt, Schule, Kindergarten, usw.) sondern Frau Alteck von seiner Unschuld überzeugen sollte.

Sollte sich der Verdacht des sexuellen Missbrauchs nicht bestätigen könnte dieses eine erhebliche Belastung für die zukünftige Beziehung zwischen Kindern und Mutter sowie der Entwicklung von Anna, Maria und Yvonne bedeuten. Eine Bestätigung des Verdachts würde sich nachhaltig auf die Beziehung zwischen Kindern und Vater und der zukünftigen Umgangsregelung auswirken.

Unabhängig davon, welche der beiden Annahmen zutrifft, ist eine therapeutische Begleitung und Beratung der Familie Alteck unabdingbar.

gez. Müller-Teuber

22. Dezember 1992




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