Sorgerechtsantrag
Namens und in Vollmacht des Antragstellers stellen wir die
A N T R Ä G E,
(1)Die elterliche Sorge über die drei ehelichen Kinder der Parteien, nämlich
Anna, geb. am 01.11.1984
Maria, geb. am 14.03.1986
Yvonne, geb. am 12.04.1988
wird auf den Antragsteller übertragen.
(2)Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Zur
B e g r ü n d u n g
der gestellten Anträge tragen wir vor:
Die Parteien des gegenständlichen Verfahrens sind verheiratete Eheleute. Die Eheschließung [...]
Zwischenzeitlich leben die Parteien getrennt. Der Antragsteller ist am 27.11.1991 aus der ehelichen Wohnung ausgezogen, die von der Antragsgegnerin mit den drei Kindern nach wie vor bewohnt wird.
Die Ehe der Parteien war von Anfang an durch das schlechte Verhältnis der Antragsgegnerin zu den Eltern des Antragstellers belastet. Obwohl der Antragsteller den Kontakt zu seinen Eltern bereits vor Jahren praktisch abgebrochen hat, fühlt sich die Antragsgegnerin von ihren Schwiegereltern bedroht. Die Ehe als solche hat die Antragsgegnerin im Sommer 1990 erstmals in Frage gestellt. Seit Dezember 1990 wird sie von beiden Eheleuten in Frage gestellt. Nach einer konstruktiven Phase mit Hilfe einer Eheberaterin begann die Loslösung im Juli letzten Jahres damit, dass die Antragsgegnerin den Antragsteller eine Woche vor dem gemeinsamen Familienurlaub ausschloß mit der Bemerkung:
"Ich möchte nicht, dass du mit uns in Urlaub fährst!"
und gipfelte am 17.11. letzten Jahres in der Aufforderung:
"Thomas, ich meine du solltest ausziehen!"
Dem hat der Antragsteller zugestimmt. Seither hat die Antragsgegnerin den Dialog mit ihm abgebrochen und seither verweigert die Antragsgegnerin dem Antragsteller auch jegliches Umgangsrecht mit den gemeinsamen Kindern. Der Unterzeichner hat die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 18.12.91 aufgefordert, dem Antragsteller ein Verkehrsrecht mit seinen Kindern zu gewähren. Diese Forderung des Antragstellers haben die Bevollmächtigten der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 23.12.91 abgelehnt.
In diesem Schreiben heißt es auf Seite 2:
"[...] ist unsere Mandantin nicht bereit, ihrem Mandanten ein Umgangsrecht mit den gemeinsamen Kindern zu gewähren [...]"
Liegen die Voraussetzungen zur Regelung der elterlichen Sorge über eheliche Kinder vor - wie dies vorliegend mit dieser Antragstellung zu bejahen ist, da die Parteien getrennt leben und das Getrenntleben in ein Scheidungsverfahren einmünden soll -, so hat das Gericht eine Regelung der elterlichen Sorge mit dem Inhalt zu treffen, dass dem Wohle der Kinder am besten entsprochen wird. Im vorliegenden Fall erfordert das Wohl aller Kinder der Parteien, dass die elterliche Sorge allein auf den Antragsteller übertragen wird, weil die Antragsgegnerin zur Ausübung der elterlichen Gewalt über die Kinder und unter Berücksichtigung des Kindeswohles nicht befähigt ist.
Der Antragsteller geht, nach eingehender Beratung mit Fachleuten, davon aus, dass die Antragsgegnerin ernsthaft erkrankt ist. Sie hat ein gespaltenes Bewußtsein. Ihr Verhalten wird ausschließlich durch ihr Empfinden gesteuert; dabei ist sie nicht in der Lage ihr Empfinden mit der Realität abzugleichen. Die Antragsgegnerin setzt sich mit der Realität nur verzerrt auseinander bzw. hat sich ihre eigene Realität zurechtgebaut. Sie nimmt nur die Informationen auf, die sich mit ihrer Meinung decken. Dies alles führt bei ihr zu Wahnvorstellungen.
Beweis: Einholung eines medizinischen Gutachtens
Es liegt auf der Hand, dass die Antragsgegnerin unter Berücksichtigung vorgeschilderten Krankheitsbildes nicht in der Lage ist, die elterliche Sorge über ihre Kinder auszuüben. Die Folgen sind bereits heute mit den Händen zu greifen. Im einzelnen:
Die älteste Tochter Anna leidet seit ihrem 14. Lebensmonat an einer Neurodermitis. Seit dem Auszug des Antragstellers zeigt Anna ein absolut destruktives Verhalten und eine auffällige Neigung zum Erbrechen. All diese Symptome zeigen mit Deutlichkeit, dass sich diese Tochter in einer ausgesprochen gefährlichen seelischen Notsituation befindet.
Tochter Maria, die Zweitälteste, ist von allen Kindern am stärksten auf den Antragsteller fixiert. Sie ist seit seinem Auszug auffällig introvertiert.
Am schlechtesten ist der Gesundheits- und Allgemeinzustand der jüngsten Tochter Yvonne. Sie ist ein außergewöhnlich kleines Kind. Obwohl bald 4 Jahre alt, ist ihr Haarwuchs so spärlich, dass die Haare noch nie geschnitten werden mußten. Auch in Ihrer sonstigen Entwicklung ist sie deutlich hinter gleichaltrigen Kindern zurückgeblieben. Sie ist extrem introvertiert und mittlerweile verhaltensauffällig, was sich z.B. in ihrem Sprachverhalten deutlich zeigt.
Beweis: Einholung medizinischer Sachverständigengutachten
Vorbeschriebene Auffälligkeiten wurden bislang von der Antragsgegnerin ebensowenig wahrgenommen, wie die Tatsache, dass alle Kinder in der Vergangenheit außergewöhnlich häufig krank waren. Dieser Umstand hat seit dem Auszug des Antragstellers in bedrohlicher Weise zugenommen. Soweit dem Antragsteller überhaupt bekannt, haben die Töchter Anna und Yvonne beide mehrfach erbrochen. Anna hatte eine Mittelohrentzündung, beide Kinder mußten zwischenzeitlich in die Kinderklinik. Yvonne näßt tagsüber wieder ein. Nach Angaben der Antragsgegnerin tobt Anna zuhause und schreit diese etwa an wie folgt:
"Mama, Du bist blöd!"
Vorstehend geschilderte Schädigungen und Fehlentwicklungen der gemeinsamen Kinder können nur dann medizinisch gelindert oder geheilt werden, wenn die elterliche Sorge über sämtliche Kinder ausschließlich auf den Antragsteller übertragen wird. Geschieht dies nicht, so ist eine weitere Gefährdung und Schädigung der Kinder mehr als wahrscheinlich. Die Wahnvorstellungen der Antragsgegnerin gehen nämlich bereits soweit - und dies war der unmittelbare Anlaß zum Auszug des Antragstellers aus der gemeinsamen elterlichen Wohnung -, dass diese jetzt die Behauptung aufgestellt hat, der Antragsteller habe seine älteste Tochter Anna sexuell missbraucht.
Von diesem ungeheuren und falschen Vorwurf, den die Antragsgegnerin gegenüber außenstehenden Dritten mehrfach geäußert hat und der auch aus dem vorgelegten Schreiben der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin hervorgeht, hat der Antragsteller am 22.11.1991 telefonisch von einem Freund erfahren. Zu diesem Zeitpunkt wohnte er noch in der gemeinsamen ehelichen Wohnung. Er ist daraufhin nur noch einmal, und zwar am 27.11.1991 in die eheliche Wohnung zurückgekehrt, um seine Koffer zu packen. Am diesem Tag war ihm durch den Austausch aller Schlösser bereits der Zugang zur Wohnung versperrt.
Die Antragsgegnerin behauptet, sie habe am 18.11.1991 (einen Tag nach der Trennungsentscheidung) von dem Missbrauch des Kindes durch Angaben der Tochter Anna erfahren. Bislang hat sie ihre Behauptung weder begründet noch präzisiert. Angeblich hat Tochter Anna der Antragsgegnerin gegenüber eine Äußerung folgenden Inhalts abgegeben:
"Der Papa hat es getan, wenn Du nicht da warst."
Hieraus zieht die Antragsgegnerin offensichtlich - und insbesondere aufgrund der Tatsache ihres verzerrten Realitätsbildes - den falschen und ungeheuerlichen Schluß eines sexuellen Missbrauchs durch den Antragsteller. Da die Antragsgegnerin offenbar hundertprozentig von solchem Missbrauch des Kindes durch den Antragsteller überzeugt ist, hat sich diese zwischenzeitlich mit KOBRA, einer dem Unterzeichner nicht näher bekannten Organisation in Verbindung gesetzt, um dort für das gemeinsame Kind der Parteien Hilfe zu finden. Auch KOBRA ist offensichtlich davon überzeugt, dass Tochter Anna vom Vater sexuell missbraucht worden ist; diese Überzeugung rührt nach Auffassung des Antragstellers aber ausschließlich daher, dass die Antragsgegnerin die diesbezügliche Behauptung auch KOBRA gegenüber immer wieder aufstellt.
Es dürfte gerichtsbekannt sein, dass es für die Psyche eines Kindes - welches sexuell nicht missbraucht wurde - außerordentlich schädlich ist, wenn es im Zusammenhang einer Diskussion über sexuellen Missbrauch an das Thema Sexualität herangeführt wird. Aus diesem Grund muß eine überflüssige "Behandlung" von Tochter Anna durch KOBRA unbedingt verhindert werden, damit eine weitere Schädigung und Gefährdung des Kindes ausgeschlossen ist.
Beweis: Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachten
Die Tatsache, dass die Antragsgegnerin ihrem Ehemann offensichtlich aufgrund ihrer Wahnvorstellungen und aufgrund eines verzerrten Realitätsbildes die gemeinsamen Kinder voll entziehen will, dokumentiert sich nicht nur darin, dass sie dem Kindesvater jegliches Verkehrsrecht mit den Kindern verwehrt. Auch als Tochter Anna im vergangenen Monat wegen einer Blutvergiftung im Krankenhaus war und als Tocher Yvonne in der Kinderklinik künstlich ernährt werden mußte und in Lebensgefahr schwebte, hat die Antragsgegnerin den Antragsteller hiervon nicht unterrichtet. Die Äußerungen der Antragsgegnerin gipfeln immer wieder in dem Satz:
"Ich will nicht, dass Du die Kinder siehst."
Berücksichtigt man vorstehenden unstreitigen Sachverhalt, der jederzeit durch die Einholung medizinischer Gutachten untermauert werden kann, so wird deutlich, dass die Ausübung der elterlichen Sorge über die gemeinsamen Kinder durch die Antragsgegnerin dem Kindeswohl außerordentlich abträglich ist und man mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen muß, dass die bei allen Kindern vorhandenen psychischen und körperlichen Schäden kurzfristig eine weitere Vertiefung erfahren werden. Aus diesem Grund ist dem gestellten Antrag, die elterliche Sorge auf den Antragsteller zu übertragen, baldmöglichst stattzugeben.
Der Antragsteller ist schließlich auch in der Lage, die elterliche Sorge über die gemeinsamen Kinder auszuüben. Bereits während des Zusammenlebens der Parteien hat sich der Antragsteller um sämtliche seiner Kinder in liebevoller Weise gekümmert, so dass diese heute den Vater vermissen. Zum zweiten hat der Antragsteller auch was den zeitlichen Aufwand angeht, bereits entsprechend vorgesorgt; d.h., der Antragsteller hat bei seinem Arbeitgeber, der IBM Deutschland GmbH, beantragt, ihm eine sogenannte "Pflegepause für Familienangehörige" zu gewähren. Im Rahmen dieser mehrjährigen "Pflegepause", die die Firma IBM ihren Mitarbeitern anbietet, besteht für den Antragsteller die Möglichkeit, seine wöchentliche Arbeitszeit auf 20 Stunden pro Woche zu reduzieren und von einem durch die IBM eingerichteten Arbeitsplatz in der Wohnung des Antragstellers auszuüben.
Im Interesse des Kindeswohles bitten wir um kurzfristige Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung; andernfalls müßte der Antragsteller sich überlegen, sein Anliegen auch durch Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes zu verfolgen.
gez. Dr. Raiser
Rechtsanwalt
27. Januar 1992
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