für meine Kinder  
   
     
   
   
 
 
 
 
         
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Von: RA Grötzinger
An:  Anwalt des Vaters

                                                    23.12.91

 

Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen,

nachdem für Ihren Mandanten das Umgangsrecht allererste Priorität besitzt, wollen wir auf diesen Punkt zuerst eingehen.

Offensichtlich wurden Sie von Ihrem Mandanten in diesem Punkt falsch informiert. Unsere Mandantin hat berechtigten Anlaß zu der Annahme, dass die gemeinsame Tochter Anna von ihrem Mandanten sexuell missbraucht wurde. Seit einem Kuraufenthalt unserer Mandantin im März 1991 - Ihr Mandant war in dieser Zeit mit den Kindern alleine - zeigt das Kind Auffälligkeiten, die auf einen sexuellen Missbrauch hindeuten. Dies zeigt sich beispielhaft darin, dass das Kind bettnäßt, destruktive Anfälle hat und sich von der Frauenärztin nicht untersuchen lassen wollte. Zudem hat das Kind extreme Angst vor dem Vater. Es äußert gegenüber der Mutter: "Der Papa hat es getan, wenn Du nicht da warst!"

Unsere Mandantin hat sich mittlerweile mit der KOBRA in Verbindung gesetzt. Am 19.12.91 fand dort ein gemeinsames Gespräch mit Ihrem Mandanten statt. Das Kind wird sich im neuen Jahr einer Therapie unterziehen müssen, in deren Verlauf möglicherweise näheres über das Geschehen herauskommen wird. Von Mitarbeitern dieser Stelle wurde geäußert, dass das Kind mit Sicherheit sexuell missbraucht wurde.

Unter diesen Umständen ist unsere Mandantin nicht bereit, Ihrem Mandanten ein Umgangsrecht mit den gemeinsamen Kindern zu gewähren. Wir halten es für unbedingt erforderlich, dass Ihr Mandant bis zur Klärung der Angelegenheit auf ein Umgangsrecht mit den gemeinsamen Kindern verzichtet.

Sollte ihr Mandant allerdings gerichtliche Schritte einleiten wollen, dürfen wir Sie bitten uns als Zustellungsberechtigte zu benennen. Im Hinblick auf das Wohl der Kinder sowie im Hinblick auf die strafrechtliche Komponente der Angelegenheit appellieren wir jedoch namens unserer Mandantin an Ihren Mandanten auf eine gerichtliche Geltendmachung des Umgangsrechts zu verzichten.

Bezüglich der Scheidungsvoraussetzungen gehen wir davon aus, dass eine Härtescheidung bei sexuellem Missbrauch der Tochter Anna durchgehen wird. Unsere Mandantin will jedoch derzeit von einem Härtescheidungsantrag absehen. Wir hielten es für wünschenswert, wenn man sich auf einen gemeinsamen Trennungszeitpunkt verständigen könnte [...]

gez. Grötzinger 
Rechtsanwalt
23. Dezember 1991




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